Editorial

situierung zwischen ist eine Sammlung forschender Perspektiven aus der Theorie und Praxis der Kunstpädagogik und -vermittlung. Die Plattform widmet sich den Praxen des Forschens, verhandelt Wissensformen und eröffnet ein vielstimmiges Diskursfeld für die künstlerische Bildung.

situierung zwischen ist eine Sammlung forschender Perspektiven aus der Theorie und Praxis der Kunstpädagogik und Kunstvermittlung. Mit der Plattform möchten wir forschendes Wissen sichtbar und verhandelbar machen und die normative Vorstellungen von Forschung hinterfragen, sowie ein vielstimmiges Diskursfeld eröffnen. Regelmäßige Formen der Veröffentlichung versammeln Prozesswissen und experimentelle Ansätze forschenden Arbeitens, und erweitern damit den Raum dessen, was Forschung im Kontext künstlerisch-edukativer und kunstpädagogischer Denk- und Aushandlungsprozesse bedeuten kann. Sie versammelt Begriffsdefinitionen, Artikel, Podcasts, Interviews, Material und andere Formate, die einem tastenden, offenen, vielleicht noch fragilen Denken Form geben. Diese Suchbewegung spiegelt sich auch in der Navigation der Plattform: Sie lädt zu einem assoziativen Lesen in einem Netz von Bezugsfeldern ein und öffnet Raum für Mehrperspektivität. 

Die Idee für die Plattform situierung zwischen ist im Dialog zwischen Silke Ballath und Konstanze Schütze entstanden, und wurde im Seminar „Situierung zwischen den Stühlen“ entworfen. Die (damaligen) Studierenden Naomie Bodner, Eva Maria Klein, Anja Schiefer und Maya Wendler erforschten gemeinsam mit Annika Niemann und Silke Ballath im Anschluss an das Seminar Fragen rund um Kollaboration im Kunstunterricht. Dabei stießen sie auf Begriffe und Themenfelder, die sie je nach Kontext, Situation, Positionierung und Situiertheit unterschiedlich beschrieben. Aus dieser Erfahrung heraus ist das Prinzip „Drei Begriffe zur Situierung zwischen den Stühlen“ entstanden: Begriffe ausgehend von der eigenen Praxis, den Erfahrungen und theoretischen Bezugsfeldern zu definieren.

Das Prinzip

situierung zwischen versteht sich als wachsende Plattform von thematischen, methodischen, künstlerischen und assoziativen Editionen, die den Zwischenraum im Interaktionsfeld von Kunst und Bildung erforscht. Beiträge können sich assoziativ auf Beobachtungen, Praxen, Forschungserkenntnisse oder -fragen beziehen. Ihre Inhalte gliedern sich nach Begriffsfeldern, Dreiecken, Materialien und Autor*innen

Jedes Begriffsfeld ergibt sich aus unterschiedlichen Beschreibungen eines Begriffs, indem mehrere Autor*innen ihre spezifische Perspektive formulieren und so zu einem vielstimmigen Bild beitragen.

Dreiecke sind Beiträge, die ausgehend von drei Begriffen entwickelt werden. Sie können das Verhältnis der Begriffe zueinander thematisieren oder das spezifische Interesse an den Begriffen ausformulieren; es kann ihr Bezug zur Praxis oder eine Diskussion verschiedener Positionen im Fokus stehen. Die Begriffe sind sowohl mit ihrer Autor*in als auch mit dem jeweiligen Begriffsfeld verlinkt.

Unter Material finden sich unterschiedliche Arten von Material, die im Prozess des Forschens entstehen, beispielsweise Interviewtranskripte und Interview-Audiospuren mit Praktiker*innen des Feldes. Das Material kann zum Lesen und Hören der Beiträge hinzugezogen werden und eigene forschende Prozesse anstoßen.

Alle Autor*innen werden entlang ihrer Kurzbiografie vorgestellt und sind mit ihren Begriffen, Beiträgen und Materialien verlinkt. 

Geplant sind regelmäßige Veröffentlichungen, die zum Beispiel zu einem Begriffsfeld oder einem Begriffs-Dreieck entstehen. 

situierung zwischen wurde 2023 durch Silke Ballath, Annika Niemann und Konstanze Schütze initiiert. Als Herausgeber*innen, forschende Wissenschaftler*in und Bildungspraktiker*in, Hochschullehrende, Lehrperson, Lernende, Kurator*in, Künstler*in, kritische Kunstvermittler*in, Kulturagent*in, Prozessbegleiter*in schauen wir aus unterschiedlichen Perspektiven und Rollen auf das Feld der Kunstpädagogik und -vermittlung. Uns eint dabei ein forschendes Arbeiten entlang künstlerischer Praxis- und Theoriebildung.

Forschung anders denken

Den Raum zwischen institutionellen Anforderungen, professionellen Positionierungen und politischer Komplexität künstlerisch und kunstpädagogisch zu untersuchen oder in der Zusammenarbeit zu erforschen, führt zu mehr Fragen und weiteren Antworten. An welcher Schnittstelle bewegen sich Forscher*innen? Mit der Plattform möchten wir forschende Vorgehensweisen sichtbar und verhandelbar machen und die normativen Vorstellungen von Forschung hinterfragen. situierung zwischen will suchenden Prozessen einen Raum geben und unterschiedliche Stimmen nebeneinander abbilden. Wir möchten damit die Prozesshaftigkeit des Forschens selbst zum Ausgangspunkt dieser Plattform machen, um dem Suchen in Forschungsprozessen einen Raum zu geben.

Als Herausgeber*innen fragen wir uns: Wie lässt sich eine Situierung erforschen, beschreiben, diskutieren, hinterfragen? Wie lässt sich der Zwischenraum zwischen unterschiedlichen Akteur*innen, Feldern und Institutionen produzieren und gestalten? Welche Spannungsfelder und Formen des Miteinanders ergeben sich individuell und kollektiv oder strukturell zwischen den Positioniertheiten im Feld? Und was bedeutet Situierung im Kontext einer rassismuskritischen Befragung von Schule, Studium und Kulturinstitution? Wer übernimmt dabei die Verantwortung für historisch gewachsene Machtstrukturen und koloniale Ungleichheitsverhältnisse? Wie können sie heute und zukünftig reflektier- und verhandelbar werden? Und wie entstehen Allianzen in den Verwerfungen und Zwischenräumen?

Im Zwischenraum sind mit Haraway die Regeln verhandelbar und Standpunkte können in Bewegung geraten (vgl. Haraway 1995: 24). Zugleich können im Zwischenraum ein Bewusstsein für Machtverhältnisse und Widersprüche entwickelt werden (vgl. Spivak 2008: 44–70). situierung zwischen verhandelt, wie unterschiedliche Rollen, Wissensformen, Dominanzverhältnisse, Machtkonstellationen und Ungleichheitsgefüge im Zwischenraum der Zusammenarbeit von Lehrpersonen, Künstler*innen und Kulturagent*innen dekonstruiert und verwebt werden. 

situierung zwischen ist im doppelten Sinn aus einem Zwischenraum entstanden: aus dem Seminar “Situierung zwischen den Stühlen” (2020–2022), das an der Universität zu Köln und an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig stattgefunden hat. Und anschließend aus der Einladung, eine Ausgabe des e Journal Art Education Research zu gestalten (vgl. Ballath/Schütze 2022). Aus der Vielstimmigkeit zwischen praxisbezogener Reflexion und theoriegeleiteten Prozessen ist im Dialog die Idee für die Plattform situierung zwischen entstanden. 

situierung zwischen zielt auf eine kollaborative Praxis des Erforschens künstlerischer, edukativer und kunstpädagogischer Prozesse. Wir freuen uns auf die unterschiedlichen Zugänge, Fragen und Themenfelder in diesen Zwischenräumen.

 

Berlin, Braunschweig, Köln und Karlsruhe im Juli 2023.



Grafik: Hannes Nordiek, 2022

Literatur/Referenzen

Ballath, Silke/Schütze, Konstanze (2022): Situierung zwischen den Stühlen. Positionen, Haltungen und Perspektiven, Art Education Research, e Journal der SFKP, 22 [online] https://sfkp.ch/ausgabe/art-education-research-21-1 [abgerufen am 26.04.2023].

Haraway, Donna (1995): Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen, hg. von Carmen Hammer und Immanuel Stieß, übersetzt von Dagmar Fink, Carmen Hammer, Helga Kelle, Anne Scheidhauer, Immanuel Stieß und Fred Wolf, Frankfurt am Main: Campus.

Spivak, Gayatri Chakravorty (2008): Righting Wrongs – Unrecht richten, Berlin/Zürich: diaphanes.

Zitationsvorschlag

Ballath, Silke/Niemann Annika/Schütze, Konstanze: Editorial, in: Silke Ballath, Annika Niemann, Konstanze Schütze (Hg.): Onlineplattform | situierung zwischen 2023. Quelle: http://situierungzwischen.net/material/editorial/; Letzter Zugriff: XX.XX.XXXX.