Schimmel ist zunächst unscheinbar, entsteht meist in feuchter, verfallener Umgebung und wird dann negativ bewertet. Doch er kann sowohl zerstören als auch veredeln oder der Anfang von etwas Neuem sein. Dort, wo Vorheriges zerfällt, beginnt er zu wirken – als sichtbares Ende eines Zustands und Beginn eines Prozesses, der Bestehendes zersetzt und gleichzeitig Raum für unerwartete Verbindungen, neue Formen und andere Möglichkeiten schafft. Schimmel macht spürbar, wo Veränderung nötig ist – auch wenn sie zuerst nach Verfall aussieht.
Schimmel ist unauffällig. Erstmal. Feuchtes Milieu und alte, vermoderte Substanz, sowie Staub und Schmutz sind der ideale Nährboden für Fäulnisprozesse. Aber Schimmel ist ambivalenter: Schimmel kann sowohl verderben als auch veredeln. Schimmel ist eine systematisch heterogene Gruppe von Pilzen. Ich frage mich: Wo brauchen wir diesen feinen, farbigen Belag als Veränderung? Inwiefern kann Schimmel als Indikator für ein vergammeltes System gelten? Ein System, das – ohne dafür gemacht zu sein – Freiraum für neues Wachstum, neue Formen und Farben, neue Zusammenstellungen lässt?
Schimmel ist für gewöhnlich sehr negativ behaftet, denn wenn etwas schimmelt, können wir damit oft nichts mehr anfangen. Doch Schimmel kann mehr sein – es bringt das “in-Bewegung-Setzen” vorher unbemerkter Prozesse zum Vorschein. Wenn eine Frucht schimmelt, beginnt sie sich zu zersetzen – sie „verlässt“ ihre frühere Identität. In diesem Prozess entstehen neue Texturen, Farben, sogar neue Leben. Schimmel steht für mich damit für den Zustand nach dem Angekommen-Sein.